Mit deiner Liebe wächst meine Seele von Christa Balkenhol und Christine Karrasch

Dieses Buch hat mich tief berührt. Nicht nur, weil es mich während meiner Schwangerschaft bestärkte. Ganz besonders auch, weil sich die Bindungsanalyse wunderbar verbinden lässt mit der aktuellen Geburtskultur. Damit meine ich, dass die Bindungsanalyse nicht nur für schwangere Frauen passt, die sich eine selbstbestimmte Hausgeburt wünschen. Jede Frau kann von dieser Methode profitieren. Und ganz bestimmt jedes Kind. Vor allem für Frauen, Paare und Ungeborene, die herausfordernde Situationen zu meistern haben, ist diese Methode ein Segen.

Im Buch „Mit deiner Liebe wächst meine Seele“ wird die Methode erklärt und es erzählen zehn verschiedene Bindungsanalytikerinnen Fallgeschichten aus der Praxis. Diese Geschichten erzählen von schwierigen Situationen vor und während der Schwangerschaft. Und wie die regelmässige Kontaktaufnahme mit dem Baby diese Situationen in ein neues Licht rückte. Dabei geht es nicht darum, eine Traumgeburt anzustreben, sondern Trauma unter der Geburt für Mutter und Kind zu verhindern. Auch die herausfordernde Zeit der Anpassung nach der Geburt verläuft harmonischer durch die bereits starke, vertrauensvolle Bindung.

Dass wir Menschen bei der Befruchtung nicht nur Gene unserer Eltern mitkriegen sondern auch Energien, Gefühle und erlebte Traumas unserer Vorfahren, wurde inzwischen vielfach erforscht. Die beiden ungarischen Psychoanalytiker Jenö Raffai und György Hidas haben mit der Bindungsanalyse eine Antwort darauf kreiert. Denn die bewusste vorgeburtliche Bindung von Mutter und Kind hilft einerseits der Mutter, in dieser herausrangenden Zeit eigene Themen zu lösen, Wunden zu heilen und sich von Prägungen zu verabschieden. Anderseits ermöglicht die Bindung, das Ungeborene von Gefühlen zu befreien, die nicht zu ihm gehören. Meine Erfahrung in Therapiesitzungen bestätigt, dass Ungeborene negative Erlebnisse und Gefühle der Mutter oft für ihre eigenen halten. Später im Leben zeigen sich dann unliebsame Verhaltensmuster, die durch übernommene Gefühle immer wieder getriggert werden.

Besonders beeindruckt hat mich, dass Ungeborene in herausfordernen Situationen ganz speziell von der vorgeburtlichen Bindung profitierten. Im Buch ist ein Fall eines Kindes mit Herzfehler beschrieben. Während den regelmässigen Kontakten wurde das Ungeborene auf die postnatale Operation vorbereitet.  Auf diese Weise kann Schock und Trauma vermindert oder ganz verhindert werden. Das Prinzip kennen wir ja grundsätzlich aus dem Umgang miteinander. Je besser die Kommunikation und das Einfühlen in unser Gegenüber funktioniert, desto angenehmer und entspannter ist die Situation. Die bewusste vorgeburtliche Bindung kann also insbesondere in herausfordernden Situationen, etwa einem unerwarteten Kaiserschnitt, Sicherheit für Mutter und Kind bringen und postnatale Schwierigkeiten mindern oder vermeiden.

Ich habe den Kontakt zu meinem Ungeborenen schon früh auf meine Art und Weise aufgenommen. Genauer genommen schon bevor ich schwanger wurde. Aber dazu vielleicht ein anderes Mal mehr. Jedenfalls habe ich regelmässig für die gemeinsame Zeit mit dem Baby in meinem Bauch gesorgt (etwa in der täglichen Mittagspause oder/und am Abend vor dem einschlafen). So richtig bewusst wurden mir die Vorteile unserer vorgeburtlichen Vertrautheit erst unter der Geburt. Ich hatte keine Vorzeichen wahrgenommen, dass die Geburt kurz bevor steht. Daher ging es mir dann auch etwas zu schnell voran. Auf meine Bitte, den Geburtsverlauf zu verlangsamen, hat unser Kind reagiert. Während der darauffolgenden Zeit war ich ständig in Kontakt mit dem Kind. Als ich bereit war für das grosse Finale und ich ihm das auch kommuniziert hatte, machte es sich auf zum letzten Stück. Was für eine eindrückliche Erfahrung ich da machen durfte! Jetzt habe ich die Gewissheit, dass die bewusste, selbstbestimmte Geburt für jede Frau möglich ist. Unabdingbar scheinen mir dafür die bewusste Vorbereitung und die Bereitschaft, alles abzulegen was wir in unserer Gesellschaft an Glaubenssätze und Prägungen ganz tief in uns tragen.

Jeder Frau, die sich Kinder wünscht oder bereits schwanger ist, empfehle ich unbedingt, die vorgeburtliche Bindung zu fördern. Dies kann mithilfe einer Bindungsanalytikerin, Therapeutin oder einer entsprechenden Lektüre sein. Um vor der Geburt eigene Themen zu lösen macht es meiner Meinung nach Sinn, sich begleiten zu lassen. Insbesondere Frauen, die eine traumatische Geburt, Missbrauch oder Vergewaltigung erlebt haben, können eine Wiederholung des Traumas unter der Geburt mit dem Auflösen der Altlasten verhindern.

Ich wünsche mir, dass die Vorteile der Bindungsanalyse möglichst viele Menschen erreichen. Zum Wohle unserer Geburtskultur, von uns Frauen und insbesondere der ungeborenen Kindern. Die respektvolle Beziehung auf Augenhöhe ganz von Anfang an, sorgt aus meiner Erfahrung für ein erfülltes Familienleben mit unbezahlbaren Entwicklungsfelder für alle, die es zulassen mögen.

Auf dem Bild: Lorena und ich bei einer unserer vertrauten Unterhaltungen im Februar 2020.

Für alle, die sich für die Bindungsanalyse interessieren, inbesondere Schwangere und Menschen, die Schwangere begleiten:
Mit deiner Liebe wächst meine Seele, Christa Balkenbohl & Christine Karrasch

Ein Buch voller bindungsanalytischer Übungen während der Schwangerschaft:
Bauchgeflüster, Sabine Schlotz (Bindungsanalytikerin)

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